Mittwoch, 7. November 2007

CSU, wohin gehst du? Eine fast unlösbare Aufgabe für Dieter Hummel

Seit einer Woche wird nun darüber spekuliert, wie es mit dem zweiten Bürgermeister der Stadt Bad Windsheim weitergeht. Bleibt er nun, oder geht er? Trennt sich die CSU von ihm oder nicht? Bleibt er Eckardts wichtigster Amigo, oder nicht? Viele Fragen, deren Beantwortung im Grunde auf eines ganz klar hinausläuft: Welches Gewitter geht über das politische Bad Windsheim hinweg, wenn die CSU oder die Neumühlenweg-FWG Gerhäuser fallen ließe?

Beginnen wir mal mit der CSU. In rund einem viertel Jahrhundert ist Gerhäuser in dieser Partei zum Krösus geworden. Je mehr die alten Granden dieser Partei in den Ruhestand gingen, desto mehr machte er sich diese Partei zueigen. Wo die Partei unter Josef Klein noch Hort wertkonservativen Denkens und Handelns für die Allgemeinheit war, verlor sie dies nun immer mehr. Aber Leute wie Josef Klein mit ihrer uneigennützigen Einstellung zur Politik, gradlinig und nicht korrumpierbar, vertrugen sich bei genauer Hinsicht nicht mit dem neuen Stil, den nun Gerhäuser prägte.

Eine Weiterentwicklung der CSU zur Plattform eines Mannes, dem es gelang, die Volkspartei zu seinem Vehikel zu verwandeln. Mit List und absolutem Willen zur Machtausübung, mit Kalkül und finanziellem Einfluss wurde dies gestaltet. Wer nicht mitspielte blieb auf der Strecke, wer anderer Meinung war, wurde ausgebootet. Wer aufmuckte, bekam keine Aufträge mehr, oder wartete beängstigend lange auf sein Geld. Wer mitspielte war beteiligt, aber wenn irgend möglich nicht auf gleicher Augenhöhe.
Es entstand ein Geflecht aus Zuckerbrot und Peitsche, das so viele schweigen und teilweise auch leiden ließ. Ein Zustand, der so viele angeblich Selbständige zu Auftragsheischenden wortlosen Junkies am Rocksaum des großen Bauunternehmers machte. So wurde mit geschwiegen um der lieben Silberlinge wegen, das große Spiel mitgespielt, in dem man meist nur das kleinere Rädchen war. Es ging mancher Auftrag ein, nur weil der Bauherr glaubte, so leichter an seine Genehmigung zu kommen.

Man hat sich in die Behaglichkeit des Systems Gerhäuser begeben. An dieser Stelle beginnt nun das große Problem der CSU. Wo und wann begann das alles? Wer weiß was und was weiß Gerhäuser von wem? Wer hat mit wem und warum wann, oder nicht und so weiter und so weiter! Man kann damit rechnen, dass ein Rauswurf Gerhäusers durchaus in der Lage ist, vieles mit in den Abgrund zu reißen. Was macht der wütende Stier, wenn man ihm einen Pfeil in den Hinters schießt, immerhin hat er noch Hörner. Eine ungemütliche Situation für die CSU, die so gerne wieder konservative Volkspartei für das Volk sein möchte. Eine brisante Lage für die, die da jetzt gefordert sind. Eine vielleicht selbstmörderische Mission, die für Angstschweiß sorgt.

Ganz anders ist die Situation Wolfgang Eckardts. Der versucht für sich auszuschlachten, dass er in Bad Windsheim geboren wurde (welch himmlischer Verdienst!). Also hier geboren und hier aufgewachsen wusste er um das, was sich politisch in dieser Stadt ergeben hatte. 2002 ließ er trotzdem die Maske fallen und machte Gerhard Gerhäuser zu seinem politischen siamesischen Zwilling. Der Mann hatte Alternativen, er hatte eine Amtsperiode mit allen Parteien zusammen gearbeitet. Er entschied sich jedoch, dieses Prinzip zu beerdigen. Stattdessen ergaben sich für beide Herren die von Eckardt sooft erwähnten "Synergieeffekte" am laufenden Band.

Als Ergebnis wurde Gerhäuser zweiter Bürgermeister und Eckardt stv. Landrat. Dieses siamesische Verhältnis verbietet es Eckardt aber jetzt die richtigen Fragen und auch Forderungen zu stellen. Läge ihm wirklich etwas am Image unserer Stadt Bad Windsheim, so müsste er Gerhäuser zum Rücktritt auffordern. Selten hat die Stadt an ihrem Image derartig Schaden genommen, selten ganz Mittelfranken über alle Parteigrenzen hinweg angeekelt staunend so auf das geschaut, was da an gelebter Demokratie aus Bad Windsheim hervorquoll. Aber Eckardt kann nicht, Siamesische Zwillinge wissen alles voneinander, einfach alles. Und solch gegenseitiges Wissen blockiert einfach alles, macht handlungsunfähig, man hat sich gegenseitig in der Hand. Viel schlimmer ist aber, dass Eckardt Wesensverwandter Gerhäusers im Geiste ist. Deshalb ist er wie Gerhäuser auch der Meinung, dass doch eigentlich nichts passiert sei und dass, wenn etwas passiert sei, doch alles gar nicht schlimm sei.

Deshalb tun die beiden alles, um die Einzelthemen die da öffentlich wurden, als kleine Ausrutscher zu deklarieren. Deshalb erzählen sie den Bürgern, dass es zwei völlig unterschiedliche Sachen sind, wenn der Bauunternehmer und zweite Bürgermeister Ausschreibungen manipuliert und wenn der zweite Bürgermeister und Bauunternehmer den ordentlichen Umgang mit Ausschreibungen überwacht, wenn der erste in Afrika Urlaub macht. Man kann davon ausgehen, dass das, was im Landkreis öffentlich wurde, in Bad Windsheim unter der Regentschaft Eckardt nie öffentlich geworden wäre. Gerhäuser und Eckardt, Eckardt und Gerhäuser, die Architekten des Systems Eckardt, das alles niederwalzt, was ihnen im Wege steht. Man weiß, was man aneinander/voneinander hat. Vor diesem Hintergrund ist es völlig unmöglich, dass Gerhäuser von der CSU oder von Eckardt zum Rücktritt aufgefordert wird - was allein unserer Stadt ihre Würde zurückbrächte.

Insofern musste man das Disziplinarverfahren anschieben, das nun doch in spannendem Moment kommt und ausgerechnet in der Abendzeitung erstveröffentlicht wurde. Nur ein Schelm kann denken, dass dahinter Methode steckt. Nur ein Schelm kann glauben, dass Herold Lust verspürt, sich in seinem Wahlkampf ständig auf das Gerhäuserproblem ansprechen lassen zu müssen. Und nur ein Schelm vermutet, dass man sich in der ‚übergeordneten’ CSU darauf verlassen wollte, dass die örtliche CSU mit ihrem Problem selbst fertig wird. Bleibt abzuwarten, was am 30.11. in Ansbach herauskommt. Wieder einmal wird die Justiz richten müssen, was die Politik nicht zu Wege bringt.